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Von Themenfriedhöfe
. . . Es gäbe verschiedene Gründe an einem gebrochen Herzen zu leiden und zu sterben, sagt sie, es könne ein großes Liebesunglück sein, plötzliche Sorgen mit Kindern, ein überraschender Tod, nicht erfüllte Hoffnungen, bittere Enttäuschungen, durch allerlei könnten Herzen brechen. Ein nicht geringer Teil der gebrochenen Herzen würde wieder notdürftig zusammenwachsen, mühsam, und meist blieben lebenslange Narben zurück. Bestimmte Herzensbrüche fänden keine Heilung. . . . >> zum ganzen Text >>

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Rast an einer Bushaltestelle
. . . Die Nötigungsbügel an dieser Bushaltestelle, die eingerichteten Sitzzwänge auf der Bank sind artverwandt dem „Zugsitzzwang“. Ich bin überzeugt, es kann eigentlich nicht anders sein, dass ein Verwandter des damaligen Schaffners bei der Entwicklung dieser Bushaltestellensitzzwangbügel mitgewirkt hat. Sein Opa Gustav erzählte ihm immer von den Vorschriften der Reichsbahn, und dass ein Sitzabteil ein Sitzabteil sei und ein Liegewagen ein Liegewagen. . . . >> zum ganzen Text >>

 

Rast an einer Tankstelle
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Es ist merkwürdig bei seinem natürlichen „Gegner“ Unterschlupf zu finden, bei den Antagonisten, Widersachern, Konkurrenten, Rivalen. Es ist ein schwieriges Verhältnis, das zwischen Autofahrern und Radfahrern herrscht. Es ist nicht Freundschaft, kein Miteinander, im besten Falle ein gegenseitiges ignorieren. Es ist ein Machtverhältnis. . . . >> zum ganzen Text >>

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Rast in Köthen
. . . Am 2. September 1721 sitzt Sebastian Bach hier vor einem holländischen Raucherlokal auf einer Bank. Er pafftt an seiner langen Tonpfeife und trinkt einen sämigen Kaffee. Neben ihm sitzt der ehrenwerte Ratsherr und Kaufmann Julius Maria Walter. Dieser hat das metallene Emblem mit einer Palme an seinen Rock geheftet. Dies weist ihn als ehemaliges Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ aus. Die „Fruchtbringende Gesellschaft“ hat sich zur Aufgabe gestellt, der Sprache „fruchtbringend“ zu dienen. Julius Maria Walter raucht aus einer kurzen Pfeife und schlürft sämigen Kakao. . . . . >> zum ganzen Text >>

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Mitten in Sachen Anhalt
. . . Wollten die Schweden ihre Steine, Feldsteine hier, wieder heim ins schwedische Königreich holen?
Es wäre doch eine prima Forderung der skandinavischen Rechtspopulisten, in der merkwürdigen Tradition des ideologischen Populismus, die sich um keine noch so abwegige Idee zu blöde ist, zu fordern, dort wo Feldsteine sind, sei auch ihr schützenswertes Heimatland. Sachsen-Anhalt sei schon seit 100.000 Jahren schwedisch, urschwedisches Kernland, schwedische Heimat, von den Deutschen bis heute unrechtmäßig besetzt. >> zum ganzen Text >>

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In Alsleben
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Ist Deutschland im Innersten ausgestorben? Wohnt in den Kernen von solchen kleineren Städten niemand mehr? Warum sind viele Innenstädte entvölkert? Wollen alle nur am Rand der Städte wohnen, mit den Rasenmähern hinter zwei Meter hohen Thujahecken versteckt? Mit dem Auto fährt man zu einem Kaufpark, in dem es alles vom Essen bis zur Kleidung gibt, von der Versicherung bis zum Kredit. Aber selbst diese Einkaufsparadiese sind aktuelle Auslaufmodelle. Der Lieferservice eines Internetportals befriedigt alle Bedürfnisse, bringt jedes Gewünschte ins Haus, sodass die eigenen vier Wände nicht mehr verlassen werden müssen. Ich denke an einen Zoo, in dem den Tieren das Essen alltäglich pünktlich in ihre Käfige gebracht wird.
Es ist randständig geworden in vielen deutschen Kleinstädten. . . . >> zum ganzen Text >>

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Auch über eine Kanadische Goldrute
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Schon seit einer halben Stunde radle ich durch diese Fläche, wo rechts und links kaum Pflanzen wachsen, nur ab und an ein anspruchsloses Gras, oder ein gelb blühender Stängel der Goldrute, der Kanadischen Goldrute. Diese Pflanze gedeiht hier sehr gut, aber wehe, sie siedelt sich in anderen Gegenden an, die schon von anderen Pflanzen bewachsen sind, dann dominiert sie, verdrängt die anderen, besetzten den gesamten Platz und lässt keine andere Pflanze mehr hochkommen.
Ich frage mich oft, wenn ich eine Kanadische Goldrute sehe, warum sie Schnecken resistent ist und warum sie trotz ihrer vielen schönen gelben Blüten den Insekten wenig Nahrung anzubieten hat? Wenn es geizige, narzisstische Pflanzen gäbe, sie wäre eine? . . . >> zum ganzen Text >>

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Brachwitzer- Gierseilfähre
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Es war der Holländer Hendrick Heuck (*1600 / † 1677) der Mitte des 17. Jahrhunderts diese Fähre entwickelte. Ich möchte die Leistungen des Hendrick Heuck nicht schmälern, aber wenn ich wie gerade an den asiatischen Kampfsport denke, könnte es sein, dass Hendrick Heuck, 1645 in Amsterdam in einer verrauchten, verruchten Hafenkneipe zufällig auf den Matrosen Jan van Hillberg traf. Jan van Hillberg, um 1605 geboren und 1655 gestorben, oh nein, er ist mir zu sympathisch, ich gebe ihm noch 13 Jahre, also 1668 in Nijmegen gestorben. Jan van Hillberg war als Matrose bei drei Südost-Expeditionen nach Niederländisch-Indien, heute Indonesien, dabei. >> zum ganzen Text >>

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Rast in einem Park in Halle
. . . Interessant ist, dass diese Schlabber-Kleidung als das Gegenteil der Leggings erscheint. Beim genauer Hinschauen ist es nur ein scheinbarer, äußerer Unterschied. Beide betonen den Körper und bringen ihn zur Geltung. Die elastische Leggings betont die Straffheit, die Festigkeit eines durchtrainierten Körpers. Leggings betonen die Grenzen des Körpers.
Die Bequemen umhüllen den Körper locker, sie betonen ihn in seiner Weichheit, in seiner Auflösung. Der Körper wird Entgrenzung. Sie betonen die enorme Beweglichkeit des Unterhautgewebes. >> zum ganzen Text >>

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Halle Neustadt
Fünf zentrale 18 Stockwerke hohe Häuser. Vier der sog. „Scheiben“ sind seit Jahrzehnten entmietet, dem Vandalismus preisgeben. Sie stehen als graue entfensterte Betonskelette dem fröhlich positiven Einkaufsparadies gegenüber. Niemand weiß, was damit anfangen. Nur eine „Scheibe“ ist belebt, in ihr ist Halles Jobcenter untergebracht. Welch eine ironische Symbolik zwischen den entmieteten, leeren, funktionslosen Häusern.
Gegenüber der "Scheiben" lese ich in großen Lettern den Leitspruch des Einkaufszentrums „Einkaufen - Erleben“. Bei einem Schaufenster steht groß „Kaufen macht glücklich“. Die ganze Architektur der „Shopping Mall“ scheint auf schnellen Umbau ausgelegt zu sein. Schnelles Kaufen, schnelles Geld, schneller Umbau, neue Mode, neue Ware, nichts ist von Dauer, alles ändert sich - lebe schnell, effektiver, optimierter. Eine ständige Dekonstruktion. >> zum ganzen Text >>

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Ein König in Merseburg
2009 verklagte Josephine Kükenthal aus Weißenfels, als außereheliche Nachkomme des Königs Gustav, den schwedischen Hof auf Auszahlung ihres zustehenden Erbes, samt der Zinsen und Zinseszinsen von 350 Jahren. Sie verlangte, dass ihre Gene mit dem königlichen Blut des Königs Gustav II. Adolf von der Wand des Geleitshauses abgeglichen werde. Da das Blut des Königs immer noch das Eigentum des schwedischen Hofes ist, verweigerte der Hof jegliche genetische Untersuchung. Sie taten alles als Unfug ab. Der „Republikanische Klub Schwedens“, eine Vereinigung, die für die Abschaffung des Königshauses plädiert, unterstützte die Josephine Kükenthal und reichte beim obersten Verfassungsgericht Klage ein. Das Königshaus lebe auf Kosten des Volkes, so sei es folgerichtig, dass das königliche Blut Volkseigentum sei. Das Gericht entschied negativ. Blut sei grundsätzlich nicht zu verstaatlichen, es sei juristisch immer an ein Individuum gekoppelt. >> zum ganzen Text >>

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Über die Romantik
. . . Besonders stark rotieren die Romantiker in ihren Gräbern, wenn sich heutige rechten Vaterlands Beschwörer, an ihren Gräbern versammeln. Dann rotieren sie unter der Erde. Immer wieder schieben die Verstorbenen von unten, aus ihrem Grab, eine Europa Fahnen hoch, die dann von den neuen Volksnationen zertreten werden. Die Romantiker wären heute allesamt glühenden Europäer. Sie würden für ein vereintes Europa eintreten wie sie für ein vereintes Deutschland eintraten, würden gegen die kleinkarierten nationalen Machtinteressen eintreten. >> zum ganzen Text >>

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Ein Besuch in Naumburg
. . . Ein sich gegenseitg ausführendes, unter den Armen eingehängtes Ehepaar, frage ich nach dem Weg. „Entschuldigen Sie bitte, wo komme ich am besten nach Naumburg hoch, ich möchte dort die Uta besuchen, wie alle, ungedingt?“. Beide treten von mir zurück, schauen mich irritiert, leicht entsetzt an, halten sich noch fester eingehängt. Was ist jetzt los? Mir erscheint es, als ob ich etwas Unanständiges, Obszönes gesagt hätte, als ob ich ein schmutziges Wort verwendet habe, als ob ich nach einen Bordell gefragt habe, nach einem Puff mit dem Namen „Zur scharfen Uta“. Mann, allein, sucht Puff!? Schnell schiebe ich nach „zu dem Dom mit der berühmten Stifter Skulpturen aus dem 12. Jahrhundert, möchte ich“, als nekrophil werden sie mich schon nicht halten. >> zum ganzen Text >>

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In Schulpforta und Bad Kösen
. . . Gleich hinter Naumburg, Schulpforta. Seit 1543 ein Internat für Hochbegabte, eine Elitenschule. Ich radle durch das Gelände, radle an reihenweise Schilder, es liest sich wie das männliche Who's who der Deutschen Geistesgeschichte: Schlegel, Fichte, Möbius, Lepsius, Goethes Enkel, Groddeck, Nietzsche, Klopstock und und und. . . . Jeder der Herren versucht mir einzureden, dass er die wichtigste Person sei. . . . Mich nervt es, sie sollen mich in Ruhe lassen, ich fahre weiter, steige nicht vom Fahrrad, fahre schneller nur weg von hier, weg, weg, weg von diesen aufdringlichen alten Herrn, nur weg.
Nun, nebenan, in Sichtweite von Schulpforta: Bad Kösen. Eine Samba Gruppe, die ich ständig höre, aber nie zu sehen bekomme, spielt am Bahnhof, holen sie jemanden ab? Den „Salzmeister“ José Schmitz, der wie nun schon seit 3 Jahren, zu den historischen Bad Kösener „Fest des weisen Goldes“, in der ersten Septemberwoche kommt? >> zum ganzen Text >>

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Zwischen Ilmenau - Bad Rodach: Allzunah
. . .Ich frage in einem Dorf eine Einheimische nach dem Weg. „Ja, nach Allzunah . . .“ sie spricht den Ortsnamen Allzunah so aus, dass das All-zu-nahe nicht zu hören ist. „Ja, nach Allzunah da fahren sie nun weiter nach Sturzebach und in Sturzebach biegen sie beim Tennisplatz ab, aber vorher sind sie in Mäusebach, bevor Sie nach Sturzebach kommen, in Mäusebach fahren Sie immer gerade aus, beim Real dann links nach Sturzebach, beim Fußballplatz in Mäusebach können sie auch rechts fahren nach Sturzebach, da kommen sie dann über Mannesbach nach Sturzebach, aber in Mäusebach geradeaus kommen sie über Steinebach nach Sturzebach und können in Sturzebach direkt nach Allzunah, aber vorher fahren sie über Mäusebach und dann direkt über Sturzebach nach Allzuah, in Mäusebach müssen sie aber aufpassen, damit sie sich nicht verfahren, um nach Sturzebach zu kommen...“ Mir wird schwindelig in den Ohren, ich bedanke mich und fahre schnell weiter, um hinter der nächsten Biegung Google Maps zu befragen. >> zum ganzen Text >>