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Husumer Protestschwein

Die Grundformen des Qi Gong bei Pinguinen
oder
Verwurzele dich im Eis

 

1896 beobachtete und beschrieb der norwegische Polarforscher Aeki Kronilson sich wiederholende Bewegungsabläufe bei Königspinguinen. Der Zeit entsprechend interpretierte er die immer gleichen Be-wegungen als Ausdruck einer Art Debilität der in der Abgeschiedenheit lebenden Tiere. In ihrer extremen Isolation bekämen sie wenig Anregungen von anderen Arten und würden, so auf sich allein gestellt, die einmal gemachten Bewegungen immer wieder wiederholen.

1921 widmete der Deutsch/Argentinier Joe Moeller in seinem Standardwerk „Pinguine in ihrer Lebenswelt“ ein ganzes Kapitel den „ritualisierten Bewegungen der Pinguine“. Er beobachtete bei fast allen Pinguinarten die immer gleichen Bewegungen. Er beschreibt, dass bei Langzeiterspähungen zu beobachten sei, dass diese Bewegungen nicht ständig stattfinden, sondern ca. zweimal täglich zu unterschiedlichen Zeiten ausgeführt werden. Die Bewegungen seien aufeinander bezogen und würden einzeln oder in kleinen Gruppen gemeinsam ausgeübt.

Lange Zeit was es dann still um die Erforschung der Bewegungen der Pinguine. Erst 1984 als die Chinesen ihre eigene Polarforschung intensivierten, beschäftigte sich der mit 36 Jahren viel zu früh verstorbene Zoologe Chie Sun Xie wieder mit diesen Bewegungsabläufen und verglich sie mit den Grundformen des damals in China verpönten Qi Gong. Er beschrieb diese Beobachtung und deren Interpretation als warnendes Beispiel der idealistischen Tendenzen bei der Tierbeobachtung. Er entlarvte eine solche Darstellung als eine reaktionäre, abergläubische, vorsozialistische Wissenschaft. Heute werden diese kritischen Ausführungen dahingehend interpretiert, dass es ihm nur über die scharfe Abgrenzung ermöglicht wurde, über seine tatsächlichen Forschungsergebnisse zu berichten.

Die neuesten Beobachtungen der amerikanisch / australischen Wissenschaftler Alex Grundwing und Hi Gong-Carl, die sich mit den Bewegungen von Pinguinen beschäftigen, ergaben ein neues und differenziertes Bild. Das interdisziplinäre Team um die beiden Wissenschaftler systematisierte die sich wiederholenden Bewegungen der Pinguine. Mit Interpretationshilfe der Sachverständigen des Tai Qi Forums in Berlin und Hinzuziehung der Ärztin für chinesische Heilkunst Barbara Wagner, veröffentlichten sie 2008 ihre Forschungsergebnisse unter dem Titel „Grundformen des Qi Gong bei Pinguinen. Das Sammeln des Qi als Lebens- und Glücksstrategie“. In ihrem vielbeachteten Buch stellen sie fest, dass sich die Pinguine vierer Grundformen bedienen, die sich wiederum innerhalb vier variierten Abläufen wiederholten. Diese vier Grundformen, wie die daraus entstehenden vier Bewegungsvariationen entsprechen im Detail genau den Felsenzeichungen von Chin Chang, die auf 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert werden und als die erste Darstellung des heutigen Qi Gong gelten.

Auf diese frühesten bildlichen Darstellungen bezieht sich auch das im Mawangdui-Grab Nr. 3 (168 v. Chr.) in der Stadt Changsha, in der Provinz Hunan, gefundene auf Seide geschriebene Buch über Methoden zum „Leiten und Führen des Qi“.

Die sofort von Antarktisesoterikern behauptete Meinung, dass das Qi Gong grundsätzlich von Pinguinen abstamme, ist reine Spekulation. Neueste Forschungen gehen davon aus, dass das Qi Gong als Anleitung mit den vier Grundprinzipien Öffnen - Schließen - Steigen - Sinken für die allgegenwärtige Lebenskraft als übergreifendes Prinzip in allem Lebendigen auftaucht. Fortschrittliche Botaniker gehen heute davon aus, dass selbst bei Pflanzen diese vier Grundprinzipien zu finden sind.
Meister Hi Xong von der Universität Shanghai, der in seinem epochemachenden Buch „Die Sprache als Ausdruck mentaler Vorstellung der äußeren Bewegung“ nachweist wie wichtig die sprachlichen, literarischen Benennungen von Qi Gong Übungen sind, entschlüsselte die Bewegungsabläufe der Pinguine und machte sie uns dadurch zugänglich.
Die vier Grundformen: „Finde deine Mitte an allen Horizonten“, „Harmonisiere das Oben mit dem Unten“ „Gebe reichlich ab, um aufzunehmen“, „Stehe still in dir und veräußere dich“.

Die vier Abläufe: „Das zu behütende Ei ist leicht wie eine Feder“, „Begrüße den Krill und heiß ihn willkommen „, „Die Feder im Sturm widersteht den Kräften“ „Nehme den Wind und beruhige das Eis“.

Seitdem Meister Hi Xong uns die Übungen der Pinguine verständlich gemacht hat, nimmt die Popularität der Übungen der Pinguine immer mehr zu. In vielen Qi Gong Schulen sind die Kurse „Verwurzele dich im Eis - die vier Grundübungen der Pinguine“ bereits die am meisten belegten Kurse.

 

Literatur:
Aeki Kronilson, Polares Leben bei ständigem Licht und dauernder Dunkelheit, Berlin 1915
Joe Moeller, Pinguine in ihrer Lebenswelt, Basel 1938
Wilhelm Reich, Die Entdeckung des Orgons, Berlin 1969
Barbara Wagner, Die Kraft der Bewegung in der Reduzierung, München, 1997
Chie Sun Xie, in „Opfer der Wissenschaft in der VR China“, Dresden 2002
Rudolf Ayax, Bewegungen im Tierreich und deren Interpretation, Reutlingen, 2005
Meister Hi Xong, „Die Sprache als Ausdruck mentaler Vorstellung der äußeren Bewegung“, Freiburg, 2006
Rainer Jakisch, Die Weisin weiß(t) den Weg, Berlin 2007
Grundwing / Gong-Karl, Grundformen des Chi Gong bei Pinguinen, Hamburg 2007