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Versteinertes EisVersteinertes Eis

Ein sogenannter Pseudostein - Ein sehr seltene Exemplar
Fundstück von Hanna Sjöberg und Klaus-Jürgen Liedtke

 

Bei der Vergletscherung der Erde im Mindel des Pleistozäns, bei der zweiten Vereisung, der sogenannten Zweiten Eiszeit, wälzten sich große Gletscher des Nordens aus dem heutigen Schweden über die ausgetrocknete Ostsee bis nach Mitteleuropa. Es war der Anfang der Geschichte der Geologie. Diese gewaltigen Gletscher pflügten die Erde um, schoben riesige Massen Erdreich, Felsen, Schutt vor sich her, luden Berge auf ihren Rücken und transportierten sie südwärts, um sie dort abzuladen, aber nicht bevor sie vorhandene Berge einebneten. Die heutigen Flussläufe entstanden, die Oder, die Weichsel, die Elbe wurden geformt.

Am vorderen Rand der Gletscher, um die Gletscherzunge herum, als Gletscherlippen, türmten sich Berge aus Erde, Felsen und abgesprungenem Eis. Diese zusammengeschobene Masse wurde ständig von abfließendem Gletscherwasser unterspült, stürzte in sich zusammen, um wieder neu aufeinander, ineinander geschoben zu werden.

Manchmal wurde bei diesen Erdbewegungen reines, dichtes Gletschereis abgesprengt und mit Massen von Schutt bedeckt und eingeschlossen. Wenn diese Masse aus einem bestimmten Verhältnis von Sand und Lehm bestand und das Eis umschloss, luftdicht umschloss, und durch äußeren Druck sich immer mehr verdichtete, entstand die Voraussetzung für einen Pseudostein das versteinerte Eis konnte entstehen.

Sand bettete das eingeschlossene Eis ein und Massen von Lehm dichteten das Ganze so ab, dass sich eine feste Kruste bildete, verhärtete, ähnlich wie das Brot beim Prager Schinken. Durch diese luftdichte Abkapselung entstand der klassische Römertopf-Effekt mit eigenem Mikroklima. Wenn dies alles zusammentraf und nun dieser Klumpen aus Sand und Lehm mit dem Kern aus Eis noch von riesigen Erdmassen zugedeckt wurde, so dass ein enormes Gewicht auf dem Römertopf lastete, dann waren die Bedingungen erfüllt zur Bildung des Versteinerten Eises. Das eingebackene Eis kühlte das festgepresste, verdichtete Lehm/Sand-Gemisch und wurde von außen aufgrund der großen Masse und des Druckes erwärmt.

In dieser Spannung von Druckerwärmung von außen und Selbstkühlung von innen entstand eine Eiskonzentration höchster Dichte. Das Eis konnte nicht schmelzen, da es sich dafür ausdehnen müsste, dazu aber war aufgrund des Druckes und der Verbackung kein Platz. Wo hätte das Schmelzwasser denn auch hin fließen können? So verdichtete sich das Eis immer mehr, dass zum Schluss ein hyperdichter Eiskern übrig blieb, der sich wiederum weiter konzentrierte, aushärtete und zum Schluss nur noch das Eismineral, das Eismolekül als Masse übrig blieb.

Das Versteinerte Eis, ist das Konzentrat von Eis, vergleichbar dem Schnaps, der das Aromakonzentrat des Ursprungsmediums darstellt. Daher ist das versteinerte Eis auch so blau, gletscherblau.

Das Verhältnis von Anfangsvolumen zu Endvolumen beträgt ca. 2000:1 bis 3500:1, abhängig von der Mineraliendichte des Eises.

Drei beschriebene Fundstellen sind bekannt: Molodga in Sibirien, Sudbury in Kanda und die Niederlausitz in Deutschland. An diesen Stellen mit Endmoränen konnte sich das Versteinerte Eis, der Pseudostein bilden.

Versteinertes Eis ist nicht zu verwechseln mit Bluedi; dabei handelt es sich um einen in Südafrika in der Kingsuit-Mine vorkommende Diamantenart. Auch der in der Schweiz auf der Plaunla Greina gefundene blaue Bergkristall wird oft mit einem Versteinerten Eis verwechselt.

 

Literatur:
Rötzler, Hermann: Die Geschenke des Nordens. München, 1937.
Funk, John: Related Stones. Birmingham, 1954.
Brumann, Richard: Das Phänomen der Moränen. Frankfurt,1955.