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Film-Schnipsel eines Subfilms

 

Subfilme waren Filme, in denen vom menschlichen Auge nicht wahrnehmbare Teile, Bilder eingeschnitten sind, um eine unterschwellige, nicht bemerkbare Beeinflussung des Unterbewusstseins des Filmzuschauers zu erreichen und um seine Meinung zu beeinflussen und ihn zu manipulieren.

Der Republikaner McCarthy, der den Senatsausschuss für unamerikanische Umtriebe von 1950 - 1954 leitete und mit einer antikommunistischen Hysterie die USA überzog, beauftragte im Frühjahr 1951 den aus Deutschland stammenden Bob Spencer, patriotische Filme zu entwickeln und zu produzieren, um die Bevölkerung der USA zu festigen, sie für ein freies Amerika im Glück zu begeistern und sie zu befähigen, die lauernden Gefahren des Unamerikanischen zu erkennen und ihnen entschlossen entgegenzutreten.

Das Team um Bob Spencer machte sich sogleich an die Arbeit und im Sommer des selbigen Jahres wurden die ersten Filme einem ausgewählten Publikum vorgeführt. Es waren Filme, in denen ein glückliches Amerika, ein schönes Amerika gezeigt wurde, ein Amerika der Natur, der Arbeit, der Familie, ein Amerika des verfassungsmäßig garantierten Glücks. Der Betrachter dieser Filme sollte sich glücklich und dankbar fühlen, in solch einem Land leben zu können, leben zu dürfen. Er sollte angespornt werden für dieses, für sein Land alles zu tun, um es zu schützen.. Beim Betrachter eines solchen Filmes musste die Überzeugung gefestigt werden, im schönsten, freiesten, besten Land der Welt zu leben, er sollte darüber glücklich sein, aber unterschwellig musste das Gefühl entstehen, dass dies alles nicht umsonst zu haben sei, dass das Glück ständig bedroht sei, bedroht von den Gegnern des Guten, ja dass jeder US-Bürger acht geben müsse, ständig auf der Hut sein müsse, um gegen das Böse zu kämpfen. Er muss auch bereit sein, das Böse in sich selbst zu erkennen und dagegen anzugehen, denn auch dort, in jedem Bürger selbst, kann der Feind seinen Samen der Zerstörung schon verankert haben.

Diesen patriotischen Filmen, voll Gutem und Glücklichem, voll Sonnenschein und Helligkeit, waren vom menschlichen Auge nicht wahrnehmbare, verborgene Bilder eingeschnitten, Bilder von Prostitution, von darbenden Menschen um Brot anstehend, Bilder von Geschlechtskrankheiten und Huren, Symbole von Hammer und Sichel, Bilder vom Dunklen, vom Bösen.
Das Bestreben eines solchen Filmes war es, den Zuschauer sich einerseits froh und leicht fühlen zu lassen, glücklich darüber, in solch einem schönen Land zu leben, ihn andererseits aber auch ein Unbehagen spüren zu lassen, eine nicht zu lokalisierende Bedrohung. Eine Empfindung musste sich einstellen, auf der Hut sein zu müssen, sich nicht dem reinen Glück nur einfach hingeben zu dürfen, sondern aufmerksam, angespannt die Feinde des Guten zu suchen, die zerstörenden Kräfte zu erkennen, zu lokalisieren und sei es, dass im Betrachter selbst schon Keime der Zersetzung Fuß gefasst hatten.

Die große Schwierigkeit dieser Filme bestand darin, das richtige Verhältnis von Glück und Bedrohung zu finden. Das Team um Bob Spencer forschte ausführlich, wie viele Bilder der Gefahr in welchem Rhythmus untergebracht werden konnten, ob sie regelmäßig auftauchen sollten oder unregelmäßig, ob nur ein Bild oder bis zu drei Bilder eingeschnitten werden sollten. Experimentiert wurde mit 16-mm-Material.

Als 1954 die antikommunistische Hysterie abflaute und McCarthy für seine Machenschaften gerügt und abgesetzt wurde, löste man das Team um Bob Spencer auf, die Forschung wurde eingestellt, bevor ein Film einem breiten Publikum gezeigt werden konnte.
In den 60er Jahren experimentierte die Werbewirtschaft noch einmal mit dieser Methode, aber ohne größeren Erfolg.

1965 ärgerte sich der schwedische Regisseur Ingmar Bergmann über immer mehr Eingriffe der Zensur wegen angeblicher Obszönität seiner Filme, so dass er den Zensoren eins auswischte, indem er in seinen Film "Persona" im Epilog drei nicht wahrnehmbare Bilder eines erigierten Penis´ einschnitt.

 

Literatur:
Winfried Leitpaul: Stehende und bewegte Bilder. Berlin 1994
Sabine Enssel: Vom Bildereignis, das man nicht sieht. Berlin 2001
Steve Ollyconn: The Image between the image. London 1963
Tobias Diddman: Travels of the movie "R.C.A". London 1974