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laikaDas Modell eines 22 Meter hohen Reliefs der Weltraumhündin Laika

 

3. November 1957: Der 40. Jahrestag der großen sozialistischen Oktober-Revolution wird gefeiert. Die Sowjetunion demonstrierte an diesem Tag zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen ihre Überlegenheit gegenüber dem kapitalistischen Westen. Eine 508 Kilogramm schwere, in den Weltraum geschossene Kapsel umkreist, als ein von Menschen geschaffener künstlicher Stern, die Erde. An Bord der Sputnik 2 das erste irdische Lebewesen im All, eine Hündin namens Laika.

Schon die Tatsache, dass die ruhmreiche Sowjetunion vier Wochen vorher, am 4. Oktober 1957, den ersten Satelliten, Sputnik 1, 83 Kilogramm schwer, in den Orbit schoss, der mit seinen vier Stabantennen einen sich ständig wiederholenden klaren Piep-Ton für die gesamte Menschheit hörbar sendete und 96 Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde als erster Raumflugkörper den blauen Planten umkreiste, lähmte und schockierte die gesamte freie westliche Welt.

Als dann auch noch vier Wochen später die Hündin Laika, künstlich ernährt, 10 Tage lang die Erde alle 104 Minuten umkreiste, deren permanent gesendete und zu hörende Herztöne irdisches Leben im Orbit dokumentierte und die dann, am 10. Tag, friedlich durch eine Kanüle eingeschläfert wurde, sprach Edward Teller, der amerikanische Erfinder der Wasserstoff-Bombe, von einer verlorenen Schlacht, „entscheidender als Pearl Harbour“.

Weitere 155 Tage umkreist die Sputnik 2 als Zeichen der Überlegenheit und des Triumphes eines Sozialistischen Kollektives gegen den ausbeuterischen und individualistischen Westen die Erde, um am 14. April 1958 bei dem Eintritt in die Erd­atmosphäre zu verglühen.

Das Entsetzen, die Sprachlosigkeit des Westens, bekam einen Namen: der Sputnik-Schock.

Nikita Sergejewitsch Chruschtschow, erster Generalsekretär der KPdSU, sprach in seiner vielbeachteten Rede vor dem ZK der KPdSU am 5. November 1957:„… Das Sozialistische Kollektiv veredelt die Menschheit, veredelt das Leben schlechthin, der Kapitalismus wird durch den Sozialistischen Menschen überwunden, wir werden die amerikanischen Hunde nur noch im Fernsehen betrachten, aber wer interessiert sich denn heute noch für einen Fernsehhund wie Lassie, wo unsere Laika hundertmal die Erde umkreist hat. Zu Ehren dieser Hündin werden wir das größte Relief, das die Menschheit je gesehehn hat, entstehen lassen …“

Unverzüglich wurde ein Komitee gegründet, das „Komitee zu Ehren der sozialistischen Leistungen im Orbit“. Die Aufgabe des Komitees war es, den kollektiven Errungen­schaften im Weltraum auf der Erde ihren verdienten Ausdruck zu geben. Zuerst sollte das Relief der Laika geschaffen werden.

Angelina Zikanowa, eine verdiente sozialistische Bildhauerin, wurde im Februar 1958 beauftragt, das Relief anzufertigen. Nachdem der erste Entwurf vielen Instanzen und Ausschüssen vorgelegen, viele Begutachtungen und Einschätzungen durchlaufen und noch mehr Veränderungen und Korrekturen erfahren hatte, wurde ein Modell im Maßstab 1:10 hergestellt. Das Original sollte 22 Meter Höhe haben und an einer Hauswand in Kremlnähe angebracht werden, in solch einem Sichtwinkel, dass Nikita Chruschtschow vom Kreml aus die Laika sehen konnte.

Die Arbeit im „Komitee zu Ehren der sozialistischen Leistungen im Orbit“ wollte nicht so recht voran gehen. Es gab zu viele Richtungen, Geschmäcker, Rücksichten. Das Problem war, dass man in dieses Komitee alle Abweichler, in Misskredit Gefallene, Unbeliebte und sich Verweigernde hinschob, abstellte, verbannte und diese sich naturgemäß gegenseitig das Leben schwer machten.

So zog sich das Projekt immer mehr in die Länge. Eingaben wurden schleppend oder gar nicht bearbeitet, Entscheidungen nie gefällt. Gegenseitige Denunziationen und üble Nachrede waren an der Tagesordnung.

Inzwischen gab es schon Briefmarken der Laika in Rumänien, Albanien und Polen, in Ulan Bator wollte man eine Laika als Statue aufstellen, dies scheiterte jedoch am Einspruch Moskaus, eben des Komitees, denn zuerst sollte das 22 Meter große Relief der Laika in Moskau enthüllt werden.

Das einzige, was das „Komitee zu Ehren der sozialistischen Leistungen im Orbit“ zustande brachte, war, dass John F. Kennedy 1960 den Welpen Strelkas überreicht bekam, den Ersten Hund, der bei der fünften Sputnik-Expedition wohlbehalten aus dem Weltraum zurück kam.

Als dann 1962 nach der Kuba Krise Nikita Sergejewitsch Chruschtschow demontiert wurde und 1964 aus dem Amt des Generalsekretärs der KPdSU gedrängt wurde, war das große Laika-Relief noch immer nicht realisiert, es gab nur das Modell.

Nach dem Sturz Chruschtschows wollte niemand mehr von dem Relief reden, das Modell bekam Angelina Zikanowa zurück. 1975 gab Angelina Zikanowa ihre Bemühungen um eine Realisierung des, ihres Reliefs der Hündin Laika verbittert auf: „Die wollen keins“ 1982 verstarb Angelina Zikanowa hoch geehrt und wurde auf dem Künstlerfriedhof „Glühender Stern“ in aller Zeremonie beigesetzt.

1995 kam ein Teil des Nachlasses der Künstlerin nach Deutschland.

Am 16.12.1999 wurde ein unbekanntes Hunde-Relief von Wolfgang Hak dem Museum der Unerhörten Dinge übergeben.

Zwei Jahre andauernder museumseigener Recherchen ergaben, dass dies Hunde-Relief das Modell des Reliefs der Weltraumhündin Laika von Angelina Zikanowa ist.
Ein besonderer Dank gilt Frau Sersisa Celbn-Hentger, ohne ihr unermüdliches „Dranbleiben“ wäre das Geheimnis des Reliefs nicht gelüftet worden.

 

Literatur:
Kümmerle, Ruth: Im Netz der Hündin Laika, Belin 2001
Ämdler, Peggy: Der Tanz der Laika, Berlin 1999
Lümers, Inge: Das Tier im Orbit, London, 1974
Bures, Mikel: Fallstudie zur Staatskunst 1959-1965, New York 1973
Wassilij Lunin: Die Spuren des Geglückten, Moskau 1972