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"Die Begine und der Mönch"

Über in Gemälde von Cornelis Cornelisz van Haarlem (1562 - 1638)

 

Anfang des 13. Jahrhunderts war die Welt außer Rand und Band. Die christlichen Werte setzten sich langsam durch, doch von einer Verankerung dieser Werte konnte noch nicht gesprochen werden. Das Fegefeuer wurde entdeckt und eingeführt, um den Leichtsündigen noch eine letzte Chance zu geben. Die Frauen begehrten auf, wollten sich nicht mehr bedingungslos den Männern, dem Römischen Recht, in dem sie überhaupt nicht vorkamen, unterwerfen. Die Marien-Verehrung verbreitete sich immer mehr und stärkte die Frauen in ihrem Aufbegehren. Das Recht veränderte sich, Frauen bekamen das ihnen bis dahin verweigerte Erbrecht, sie mussten nicht mehr heiraten und konnten Ehen, mit denen sie nicht einverstanden waren, verweigern. Immer mehr Frauen schlossen sich in christlichen Marien-Gemeinschaften zusammen, um ein eigenständiges Leben führen zu können. Es war eine Rebellion gegen ihre ihnen auferlegten Rollen. Viele begüterte Frauen, Fürstinnen, hochgestellte Witwen vermachten diesen Vereinigungen ihr Vermögen, nahmen sie unter ihren persönlichen Schutz. Meist siedelten sich diese Frauen-Vereinigungen in der Nachbarschaft von Dominikaner-Klöstern an, diese galten als die modernsten aller Klöster, die immer wieder gegen die verkrustete Kirche aufbegehrten. Diese Klöster gaben den Beginen, wie man sie bald nannte, Schutz. Wie es zu dem Namen Begine kam, ist bis heute ungeklärt: Es könnte die heilige Begga sein, Gründerin einer dieser Vereinigungen, aber auch der Priester Lamberti di Beges (der Stotterer), der viele solcher Frauenkonvente gründete, aber auch von "Beige" könnte der Name kommen, nach der grau-braunen Farbe ihrer Gewänder. Die Beginen waren keine einheitliche Bewegung, der Name war ein Sammelbegriff, denn jede Vereinigung gab sich eigene Regeln. Die einen lebten klösterlich, die anderen als große Wohngemeinschaften bis zu 200 Frauen, in manche Konvente trat man für immer ein, in andere nur für eine bestimmte Zeit. Alle diese Vereinigungen hielten sich finanziell unabhängig, betätigten sich im Handwerk, im Handel und in der Krankenpflege. Jede Gemeinschaft gab sich andere Regeln, einige hatten fast gar keine, andere wiederum sehr strenge, sich am klösterlichen Leben orientierende. Das, was alle diese Vereinigungen, Gemeinschaften , Konvente gemeinsam verband, war, dass sie sich der männlichen Herrschaftsgewalt entzogen, was wiederum die Phantasie der Männer anspornte und zum Blühen brachte. Den Beginen wurde sexuelle Ungezügeltheit vorgeworfen, ein Leben wider die Natur, tägliche Orgien wurden vermutet und Freizügigkeiten jeglicher Art, ein lasterhaftes Leben etc.. Wegen des Schutzes der Dominikaner und der Schirmherrschaft von Herzoginnen und sonst hochangesehener Damen wagte man lang Zeit nicht, diese Vereinigungen allzu offen anzugehen.

Im Zuge der Reformation, in der die Maienverehrung verpönt, das Erbrecht zu Ungunsten der Frauen revidiert und das Männerrecht wieder in voller Kraft angewendet wurde, lösten sich die meisten dieser Frauen-Vereinungen auf oder gingen in Dominikanerinnenklöster auf.

Das Bild von Cornelis Cornelisz van Haarlem, "Die Begine und der Mönch", stellt eine Schwangerschafts-Probe bei einer Begine dar. Ein für diese Zwecke ausgebildeter Dominikaner-Mönch prüft, ob aus der Beginen-Brust Milch oder Wein kommt. Kommt Milch, ist die Leibesfrucht eine Leibesfrucht der Sünde, des Fleisches, kommt aber Wein, ist die Leibesfrucht eine geistige und die schwangere Begine eine Gemahlin Jesu und daher rein. Wie auf diesem Bild unschwer zu erkennen ist, zeigt das Bild eine reine Begine, denn unten rechts im Bild sind wir Zeugen, wie ein Tropfen Rotwein im Weinglas verschwindet.

 

Literatur:
W. Müller-Funk: Kunst in den Niederlanden. Wien, 2000.
C. Chrutkov: Frühmittelalterliche Frauenbewegungen. Dormagen, 2001.
O. Magnus: Der Dominikanerorden. Ottobeuren, 1999.